„Mama, ich glaube ich weiß was mit mir nicht stimmt. Ich bin ein Mädchen. Im falschen Körper."
Von da an war nichts wie zuvor. Angst, Tränen, viele Tränen. Für mein Kind, dem ich einen einfacheren Weg gewünscht hätte. Angst davor selbst nicht genug Kraft zu haben für all das, was da jetzt kommen mag. Zweifel, die an mir nagten, ob ich etwas falsch gemacht habe. Dazu der Schmerz. Nicht weil ich nicht zu hundert Prozent hinter der Entscheidung gestanden hätte, nein, der Schmerz über den Verlust. Abschiedsschmerz von einem Sohn, den ich gerade deshalb so liebe, weil er so ist wie er ist. Weil er wundervoll singt, wundervoll malt und unglaublich feinfühlig ist. Unsicherheit einer Tochter gegenüber zu stehen, die man so nicht kannte, die man nun, mitten in der Pubertät kennen lernen darf.
„Mama, es tut mir so leid, dass ich dir Julian wegnehme“. Das waren die Worte meiner Tochter drei Tage vor der geschlechtsangleichenden OP.
Was uns als Familie gut durch diese Zeit geholfen hat? Ganz viel Liebe, Verständnis und Zusammenhalt. Für unsere Familie war es ein Geschenk, das erleben zu dürfen. Es hat uns für den Rest unseres Lebens auf eine Art zusammen geschweißt, die ich nicht beschreiben kann.
Bei der Vorbereitung zu meinem Vortrag bat mich meine Tochter darum, den Menschen das zu sagen:
“Leute, hört auf andere in Schubladen zu packen. Auch für Transgender passt nicht nur eine Schublade. Transgender sind nicht alle gleich. In den Köpfen tragen wir oft nur das Bild der schrillen, der lauten. Die, die z.B. bei "Germany´s Next Topmodel" und ähnlichen Formaten mitmachen. Doch es gibt auch die leisen. Die, die einfach den Switch ins andere Geschlecht haben wollen, um danach im richtigen Körper ein normales Leben zu führen. Wir sollten mit mehr Akzeptanz und Toleranz durch die Welt gehen. Mit dem Gedanken, dass das, was für uns passt, eben nicht für alle passt."
– Auszug aus Katjas Vortrag ❤❤❤❤❤
Wenn es um das Thema “Veränderung” geht, kann Katja Friedrich nur müde lächeln. Denn sie und ihre Familie haben sicher eine der krassesten und heftigsten Veränderungen erlebt und begleitet, die man sich nur vorstellen kann. Wie würdest du reagieren und wie würdest du damit umgehen, wenn dein Teenager-Sohn eines Tages vor dir steht und sagt, er ist ein Mädchen und er möchte ein Mädchen sein? Mit allem, was dazu gehört? Zum ersten Mal überhaupt hat Katja ihre Geschichte und die Geschichte ihrer Familie mit der Öffentlichkeit geteilt.
Es war der bewegendste, gänsehautreichste und aufwühlendste Vortrag beim ersten GEILE USCHI KONGRESS. Es flossen viele Tränen und der Saal zollte Katja und ihrer Familie nach ihrem Vortrag mit minutenlangen Standing-Ovations zu recht Respekt. Respekt, Anerkennung und Dankbarkeit für ihren Mut und die vielleicht wichtigste Message überhaupt: Um was geht es im Leben? Es geht um Identität. Familie. Zusammenhalt. Und bedingungslose Liebe. Liebe Katja, Danke, dass du uns das Vertrauen geschenkt hast, deine und eure Geschichte auf unserer Bühne zu erzählen. Ihr seid eine starke und bewundernswerte Familie. Du bist ein Vorbild. Deine Familie ist ein Vorbild. Für Liebe. Für Mut.Für Menschlichkeit. Für Akzeptanz. Für Toleranz.
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