Journalistin mit Biss, Leidenschaft und Coolness: Tanit Koch
Update 26.11.2020: Wie das manchmal so ist - Karrieren ändern sich schneller als man darüber schreiben kann. Ende November verlässt Tanit Koch RTL.
Redaktion: Marie-Christin Spitznagel
Ein herbstlicher Gruß mit Taschenwärmer und Tee geht raus an das Uschiversum und all seine zauberhaften Bewohner*innen. Ich hoffe, es geht euch gut da draußen.
Es ist wieder Zeit für die Uschi-Parade und ich darf euch wieder eine sehr spannende Uschi vorstellen und, ich warne an dieser Stelle vor, es wird heute vielleicht sogar etwas kontrovers (Haltet eure Perlenketten fest!). Also schauen wir mal, wie sich dieser Text weiterentwickelt. Ich schreibe heute über Tanit Koch – eine geile Uschi, die eine beeindruckende Karriere hingelegt hat und weiter ordentlich abliefert.
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Tanit Koch – the blonde force
Also, für alle da draußen, die Tanit noch nicht kennen, ich fasse ihren Lebenslauf mal fix zusammen. Sie stammt aus Konstanz, wuchs aber in Bonn auf und machte am St. Columbia’s College in Dublin ihr Abitur. Danach studierte sie Politikwissenschaft und Jura. Das Thema ihrer rechtswissenschaftlichen Magisterarbeit an der Universität Tübingen aus dem Jahr 2002 war die Rolle des Europäischen Gerichtshofs und dessen Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht vor dem Hintergrund der europäischen Vereinigung und trug den Titel ›In dubio pro communitate?‹. Soweit so beeindruckend!
Und wo bleibt die angekündigte juicy Kontroverse? Die kommt nach ihrem Studium.
2005 beginnt sie ein Volontariat an der Axel-Springer-Akademie sowie im Ressort Politik und Wirtschaft der ›Bild‹. Bevor ich mich aber in Kritik zu diesem, doch sehr problematischen, Blatt verliere, schauen wir uns aber weiter Tanits Karriere dort an. Denn auch dort gibt es den einen oder anderen »Aufreger«.
Ab 2007 marschiert sie durch die Abteilungen dort, sie ist zwei Jahre lang Büroleiterin beim damaligen Chefredakteur Kai Diekmann; von 2009 bis 2010 ist sie verantwortliche Redakteurin für Sonderaufgaben in der Chefredaktion der Welt-Gruppe; später wird sie Textchefin der ›Bild‹ und leitet ab 2011 die Redaktion der Hamburg-Ausgabe. So wird sie auch Mitglied der Chefredaktion und ab Februar 2013 ist sie dann sogar stellvertretende Chefredakteurin. Am 1. Januar 2016 übernimmt sie von Kai Diekmann die Position als Chefredakteurin, gemeinsam mit Julian Reichelt soll sich eine Doppelspitze bilden, er als Chef der digitalen Marke, sie zuständig für die Printausgabe. Doch mit der neu geschaffenen Position des Vorsitzenden der Bild-Chefredaktionen ist er faktisch ihr Boss, spricht ihr immer mehr Kompetenzen ab. Tanit verlässt die Redaktion und den Verlag zum 1. März 2018.
Das Handelsblatt schreibt damals von einem »Machtkampf«, den Tanit verloren habe. Das Strukturen in manchen alten Verlagshäusern sehr patriarchal festgefahren sind, ist kein Geheimnis. Tanit wurde auch schon mal »Kais Mädchen« genannt, von älteren, männlichen Kollgen. Eine Frau Mitte 30 als »Mädchen« zu bezeichnen ist an sich schon mal kacke, bei einer Frau, die derart gut ausgebildet ist, ist diese professionelle Abwertung noch mal abstoßender. »Betrat Reichelt den Raum, war Koch degradiert. Augenkontakt mieden sie, in wichtige Entscheidungen band Reichelt sie nicht ein«, schreibt Ulrike Simon in einem Kommentar auf Horizont.net
Wie gesagt, ich bin kein Fan ihres damaligen Arbeitgebers, aber wenn ich lese, wie dieser Abschied damals lief, kann ich es mir sofort bildlich vorstellen. Ganz ehrlich, wir kennen doch die Situation (ob von uns selbst oder anderen), dass eine kompetente Frau von einem lauteren und gröberen Kollegen überrannt wird.
Der Vorstandsvorsitzende von Springer Mathias Döpfner äußerte sich (zu Recht!) bedauernd zu Tanits Ausscheiden: »Tanit Koch ist es mit viel Leidenschaft und Kompetenz gelungen, eine beispiellose journalistische Karriere bei Axel Springer zu absolvieren. Ich selbst war dabei, als wir sie vor 13 Jahren beim Auswahlverfahren für unsere Journalistenschule für Axel Springer gewinnen konnten. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sie es von der Volontärin an die Spitze von Europas größter Tageszeitung geschafft. Für Bild hat sie Großartiges geleistet.«
Und dann? Dann halt neu und besser
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Tanit hat also 2018 ihren Posten als Chefredakteurin der BILD verlassen. Danach nahm sie sich eine sehr verdiente Auszeit. Aber nicht zu lange, denn dann startete sie wieder durch und zwar Vollgas! Seit März 2019 führt sie n-tv und die neue „Zentralredaktion“ von RTL. Diese baut sie übrigens nebenher auch noch neu auf. Tanit steckt nicht den Kopf in den Sand, sondern schwingt sich auf zu neuen Herausforderungen.
In einem Gespräch mit Michael Hanfeld von der FAZ beschreibt sie ihre neue Aufgabe: »Es geht um rund siebenhundert Journalisten. Wir sprechen deshalb intern vom Inhalteherz. Die Transformation zielt nicht auf Stellenabbau und Sparprogramm, sondern auf mehr Geschichten, mit denen wir mehr Menschen erreichen wollen. Das ist eine Mammutaufgabe, die man nur bewältigen kann, wenn alle mitziehen - in den Ressorts und Redaktionen. Dank dieser Kolleginnen und Kollegen kommen wir gerade trotz der Größe des Hauses beeindruckend schnell voran und haben dabei sogar Spaß.«
Ein Zusammentreffen mit ihrem früheren ›Gegenspieler‹ gab es inzwischen auch schon wieder. Die TAZ berichtet fast genüsslich davon:
»Der Tag aber, an dem man nun also erfahren durfte, dass Tanit Koch keine Frau ist, die sich von anderen abmelden lässt, das war neulich erst: Der 17. Januar 2019, ein kalter Donnerstag, und sie setzte sich einfach mit auf das Sofa in der Kunsthalle Rostock und lächelte. Springer-Chef Mathias Döpfner war da, Ex-Bild-Chef Kai Diekmann und auch ihr einstiger Gegenspieler, der heutige Bild-Chef Julian Reichelt. Koch war auch extra angereist zu dieser Ausstellungseröffnung über die letzten Jahre auf dem Sofa der Bild-Chefredaktion. Das war also der besondere Moment: Sie setzte sich mit auf das Sofa und lächelte als wäre nichts gewesen. Es war ein kleiner Sieg oder, genau genommen, auch ein großer. Sie lächelte. Reichelt lächelte nicht.«
Tanit rockt auf jeden Fall auch ihre neue Riesenaufgabe und wir schauen ihr gespannt dabei zu!