Die gereizte Frau & Wechseljahre juhu! – Miriam Stein
Redaktion: Marie Spitznagel
Liebe Uschis, das Thema „Frauen und Alter“ ist ja leider generell etwas schwierig. Was total bekloppt ist, weil wir alle altern. Sorry, wenn ich euch da jetzt eine Illusion zerstöre, aber, jeder Mensch wird älter. Die Glücklicheren werden sogar alt. Gesellschaftlich haben wir aber irgendwie ein Problem damit. Männer mit grauen Haaren werden immer noch häufiger als sexy empfunden als Frauen. Männer werden reif und George Clooney, Frauen sind ab 35 zu alt, um die Partnerin eines 50-Jährigen zu spielen.
Generell sollten sich Frauen um die 40 so langsam aus der Öffentlichkeit zurückziehen, außer sie sehen wesentlich jünger aus, was für mich persönlich besonders bitter ist. Ich bin 39, sehe (an guten Tagen) auch aus wie 39 und warte noch darauf, dass ich eine Öffentlichkeit finde, die mich überhaupt sehen will. Oder wenigstens lesen. Aber das ist ein anderes Thema.
In den letzten Jahren wurde in verschiedenen Quellen darauf hingewiesen, dass Frauengesundheit noch immer leider und erschreckenderweise ein vernachlässigtes Problem ist. Medikamente werden häufiger in Männern getestet, Männer sind häufiger Probanden für medizinische Studien und viele Eigenheiten des weiblichen Körpers werden schlicht vernachlässigt. Endometriose war lange eine vernachlässigte Krankheit (auch darüber haben wir hier schon geschrieben), was für viele Frauen schlimme Konsequenzen hatte und noch immer hat.
Da ist es kein Wunder, dass auch so ein grundlegendes und wichtiges Thema wie die Menopause viel zu wenig Beachtung in der Öffentlichkeit erfährt. Bis jetzt! Denn Autorin und Publizistin Miriam Yung Min Stein möchte das ändern. Also. Reden wir über die Menopause. In ihrem neuen Buch „Die gereizte Frau - was unsere Gesellschaft mit meinen Wechseljahren zu tun hat” geht es nämlich genau darum. Das Altern, Frau sein, beides gemeinsam und unabhängig voneinander. „Die Menopause ist das letzte Tabu der Frauengesundheit - und dieses Buch der Versuch ihrer Entmystifizierung.“ Dafür gibt es stehende Ovationen von uns, liebe Miriam!
The one we don`t talk about: Die Menopause
In Deutschland sind wir heute weitestgehend so weit, dass (vorsichtig geschätzt) 75 Prozent der Männer unter 50 nicht mehr schreiend wegrennen, wenn es um das Thema Menstruation geht. Wenn es allerdings um die Wechseljahre geht, sieht die allgemeine Akzeptanz wieder ein bisschen anders aus. Da wird vielleicht nicht gerannt, sondern mit den Augen gerollt.
Wenn sie medial in Erscheinung treten, dann vielleicht als Witz oder um zu zeigen, dass die Frau ALT ist. Wie schön, dass Miriam hier dagegenhalten möchte. Es wird auch Zeit. Auf die Frage, was sie der Öffentlichkeit über ihre Menopause mitteilen möchte, sagte sie in einem Interview mit ihrem Verlag Goldmann:
„Dass mein Frausein nicht mit den Wechseljahren endet, sondern sich lediglich verändert. Die Wechseljahre machen sich bei jeder Frau individuell bemerkbar. Das macht die Menopause so kompliziert für die Medizin und zum Problem, aber auch zu einer Riesenchance für Frauen. Viele Frauen, mit denen ich für das Buch gesprochen habe, fühlen sich trotz gelegentlicher Beschwerden insgesamt zielstrebiger und selbstsicherer mit dem Einsetzen der Wechseljahre. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Wenn der Östrogenspiegel sinkt, sinkt auch das Gefühl, man müsse immer für alle da sein.“
Auch im Spiegel schreibt Miriam schon über ihren Blick auf die Menopause.
„Die Wechseljahre gleichen für Frauen, die sie erleben, einem Kontrollverlust, auf biologischer und gesellschaftlicher Ebene.“
Es ist gerade dieser Kontrollverlust, der für Frauen die Zeit der Menopause noch zusätzlich erschwert. Also zusätzlich zu dem gesellschaftlichen Stigma und den körperlichen Beschwerden. Dabei kann diese Zeit, und das betont Miriam ja auch, durchaus als Chance für viele Frauen gesehen werden. Ganz ehrlich – ich kann es auch kaum erwarten, mich nicht mehr mit meiner Menstruation auseinandersetzen zu müssen.
„Meine perimenopausalen Beschwerden sollen bitte Privatsache sein, aber jegliche Auswirkungen oder eventuelle Gegenmaßnahmen dürfen jederzeit öffentlich kommentiert und verurteilt werden. Sichtbare Weiblichkeit – kein Sexappeal, sondern Weiblichkeit – gilt auch bei fruchtbaren Frauen immer noch als anstößig, wie öffentliches Stillen, zur Schau getragene Schwangerschaft (Rihannas Bauch!) oder erkennbares Periodenblut. Statt alle natürlichen Aspekte des Frauseins, inklusive der Menopause, ins gesellschaftliche Leben zu integrieren, neigen viele Menschen eher zu despektierlichen Kommentaren, nach dem Motto: ›Muss das sein?‹“
Was mit Frauen passiert - und was nicht
Über die Menopause wird also viel zu wenig gesprochen. Das bedeutet auch, dass wir gesellschaftlich nicht sensibilisiert sind, mit Frauen und ihren Bedürfnissen in dieser Zeit umzugehen. Was wissen wir denn mehr über diese Zeit, als dass Frauen dann Hitzewallungen bekommen und danach offiziell alt und unattraktiv sind?
Dabei sind die Auswirkungen dieser Hormonneuzusammenstellung enorm individuell. Circa ein Drittel aller Frauen spürt gar nichts. Miriam erklärt in einem SWR Interview wie unterschiedlich sich diese Zeit anfühlen kann.
„In diesem Stadium [Wechseljahre] nimmt man mich als latente gesellschaftliche Last wahr. Ich scheine nicht belastungsfähig, nicht vernünftig genug, um als vollwertig ernst zu nehmend durchzugehen: ›Wohl nicht ganz im hormonellen Gleichgewicht, was?‹“
Dabei baut sich in dieser Zeit, ähnlich wie während der Pubertät, der Hormonhaushalt komplett um. Der weibliche Körper leistet Unglaubliches in dieser Phase. Herablassendes Naserümpfen oder Augenrollen über diese Phase im Leben einer Frau sind halt einfach kacke und doof.
Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich habe mich mit meiner (auch nicht mehr so weit in der Zukunft liegenden) Menopause noch nie so intensiv beschäftigt, wie jetzt in der Vorbereitung zu diesem Text. Das ist eigentlich ziemlich schade, denn wir alle sollten doch im Prinzip wissen, was Frauen in dieser Zeit erwartet – und nicht nur die Bilder aus irgendwelchen Sitcoms dazu im Kopf haben.
Umso mehr freuen wir uns auf Miriams Vortrag beim dritten Geile Uschi Kongress am 22.10.2022, ganz nach dem Motto: Make Wechseljahre endlich great again!