Stolpern gehört dazu: Vanessa Tamkan

Liebe Uschis, aus irgendeinem Grund setze ich mich wesentlich häufiger mit der Sendung Germanys Next Topmodel auseinander, seitdem ich für die Uschis schreibe, als je zuvor in meinem Leben. (Und vielleicht auch, als ich je wollte.) Aber heute geht es nicht um die Frage, ob ich Heidi Klum für eine Geile Uschi, das Gegenteil oder etwas dazwischen halte, sondern wieder um eine ehemalige Teilnehmerin, die wir hier gerade kollektiv abfeiern. Da gibt es ja zum Glück einige.

Die wirklich beeindruckende, coole, junge Frau, die ich euch heute vorstellen darf, macht ihr Ding, mutig und unerschrocken. Statt zu fragen, ob sie darf, geht sie einfach ihren Weg – es geht um (Trommelwirbel) Vanessa Tamkan.

Vanessa war 2019 in der 154. Staffel (also, die Zahl habe ich jetzt geschätzt) von GNTM Finalistin, stieg aber vor dem Finale aus der Show aus und distanzierte sich öffentlich von der Sendung.

„Ich möchte mittlerweile Abstand nehmen von diesem Trash. Ich weiß nicht, ob es mir nur so vorkommt. Ich bin ehrlich, ich habe vor unserer Staffel 'GNTM' nicht wirklich verfolgt, aber ich habe das Gefühl, dass es von Staffel zu Staffel immer trashiger geworden ist und es dieses Jahr wahrscheinlich noch schlimmer ist, als es letztes Jahr bei uns schon war“, sagte sie in einem Video auf Instagram.

Sie distanziert sich also inzwischen von der Show, so wie einige andere ehemalige Teilnehmerinnen auch. Das allein macht sie aber für mich gar nicht so wirklich interessant, sondern die Tatsache, dass sie mit Mitte 20 schon mehrere Unternehmen gegründet und teilweise auch in den Sand gesetzt hat. UND, dass sie offen über ihr Scheitern spricht.

Offen, klar und ehrlich – warum übers Scheitern zu reden so wichtig ist

Die deutsche Start-Up Kultur wird häufig aus verschiedenen Gründen bemängelt. Man traue sich in Deutschland zu wenig und einer (von vielen) Gründen ist eben, dass wir uns zu wenig Raum zum Scheitern geben. Dabei müssen wir einfach akzeptieren, dass das mit dazu gehört. „Scheitern bedeutet nicht, dass man verloren hat“, sagt Vanessa in ihrem ersten Vortrag übers Scheitern, den sie auch live auf Instagram gestreamt hat.

Scheitern ist keine Schande. 9 von 10 Start-Ups geben in den ersten fünf Unternehmensjahren wieder auf. So auch ihr Unternehmen „Do it cozy“, das gerade mal zwei Monate überlebte.

Natürlich ist es schmerzhaft, wenn ein Herzensprojekt nicht den Erfolg hat, den man sich wünscht. Scheitern ist kacke und doof. Aber, und das macht Vanessa ganz deutlich, kein Grund zu verzweifeln und den Kopf in den Sand zu stecken! Denn das Risiko mit einer neuen Idee zu scheitern, ist immer da.

Vanessa entscheidet sich bewusst dazu, weiterzumachen, gründet wieder, hat eine erfolgreiche Karriere als Influencerin und setzt sich vor allem sehr aktiv für den Tierschutz ein.

Sie nutzt ihre Reichweite, schließt sich mit anderen Influencer:innen zusammen und konnte so Gelder sammeln, um ein Tierheim in Griechenland zu bauen. Sie saß in der Jury des Tierschutzpreises der Firma Fressnapf, und rückt auch so die Bedürfnisse verschiedener Tierschutzvereine in die Öffentlichkeit.

Ich finde es beeindruckend, dass sich diese junge Frau von ihren Rückschlägen nicht einschüchternd lässt, sondern diese sogar nutzt, um andere Menschen zu inspirieren. Denn, seien wir mal ehrlich, als (fast) Finalistin einer kontrovers diskutierten und sehr bekannten deutschen TV-Sendung, mit der sie dann auch noch öffentlich gebrochen hat, findet nicht nur ihr Erfolg, sondern auch ihr Scheitern in dieser Öffentlichkeit statt. Das könnte man auch einschüchternd finden.

Jung, stark, selbstbewusst

Ich habe schon an anderer Stelle erwähnt, dass mich diese neue Generation an jungen selbstbewussten Frauen nicht nur unheimlich beeindruckt, sondern teilweise auch etwas neidisch macht. Ich wäre auch gerne mit 25 so selbstsicher gewesen, mich vor eine Gruppe Menschen zu stellen und zu sagen „Ich bin gescheitert, mit etwas das ich wirklich wollte, und das ist okay.“ War ich aber nicht.

Der Mut, den Vanessa in den letzten Jahren bewiesen hat, ist der Knaller. Sie brach nicht nur mit der Show, die sie bekannt gemacht hat, weil sie sich und ihre Werte dort nicht vertreten sah (Integrität de luxe!). Sie musste auch auf Instagram nochmal ganz von vorne anfangen, als ihr ihr damals offizieller Account von ProSieben entzogen wird. Sie entschied sich auch dazu, jung zu heiraten und Mutter zu werden, weil sie das für sich als richtig empfand, auch wenn Leute ihr davon abrieten. Jetzt nutzt sie ihren Erfolg nicht nur, um Tierschutzvereine zu unterstützen, sondern auch öffentlich über Dinge zu sprechen, wo es Probleme gab und gibt. Dazu gehört z.B. auch die Trennung von ihrem Mann und Vater ihres Sohnes. Aber Vanessa zeigt damit eben auch: Leben ist Achterbahn. Rauf und runter. Alles gehört dazu. Sie geht bei allem, was sie macht, all in. Halbe Sachen gibt es bei ihr nicht. Und man kann aus allem lernen und daran wachsen.

Influencer-Bashing (auch über dieses Phänomen haben wir schon geschrieben) ist ja weiterhin ein beliebtes Tool der Selbsterhöhung, aber gerade in Vanessas Fall vollkommener Quatsch. Generell ist es natürlich immer Quatsch, Leute für ihre Berufswahl anzugreifen, aber das ist ein anderes Thema. Der offene Umgang mit dem Thema Scheitern ist tatsächlich unheimlich kraftvoll, denn er gibt nicht nur anderen Menschen den Mut, Risiken einzugehen, sondern gibt ihr auch die Macht über (einen Teil) der Wahrnehmung dieser Erfahrung zurück. Gesprochen wird sowieso auch über die unschönen Momente einer Karriere, warum nicht also proaktiv bestimmen, wie man damit umgeht!?

Vanessa, du geile Uschi, ich hoffe, du behältst deinen Mut, deinen Biss und deine Integrität. Und wir freuen uns, dich beim dritten GEILE USCHI KONGRESS am 22.102022 live on stage erleben zu dürfen!