Trauer 2.0: Scheiß auf stille Anteilnahme!

 

Redaktion: Marie Spitznagel

Ihr Uschis, wie fange ich einen Text über Trauer an? Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich tue mich mit Trauer wirklich schwer. Mit meiner eigenen, aber vor allem auch mit der Trauer der Menschen um mich herum. Ich weiß nie, was ich sagen soll, was ist angemessen, was tröstet? Tröstet überhaupt irgendetwas? Wahrscheinlich nicht.

Wie tröstet man jemanden, der sein Kind verlor, kurz bevor es 18 wurde? Oder jemanden, der nach dem Tod seiner Großmutter die wichtigste Vertraute vermisst? Die Trauer anderer macht uns hilflos, denn wir können tatsächlich kaum etwas anbieten, das die Trauer erleichtert.


Warum uns Trauer sprachlos macht.

Das perfide am Verlust eines Menschen den wir lieben, ist ja, dass dieser Schmerz nie ganz verschwindet. Ich las mal, frische Trauer sei ein barmherzig scharfes Schwert, das die Nervenenden kappt. Das ist wahrscheinlich eine gute Beschreibung. Der erste Schock ist schrecklich und unerträglich, aber der langfristige Schmerz, das ewige Vermissen, ist eine andere Sache. Nach Jahren taucht immer noch der Gedanke auf „Das würde ich ihm so gerne erzählen“ oder „Ich wünschte, sie hätte das jetzt miterlebt“.

Wahrscheinlich verschwinden diese Gedanken und der damit verbundene Schmerz auch nie. 

Gleichzeitig schwingt aber auch noch etwas anderes mit: die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit. Ich hatte nach dem viel zu frühen Tod eines Familienmitgliedes oft den Gedanken ´sie war so alt wie ich, als sie starb. Dieser Gedanke macht nicht nur traurig, sondern er macht mir Angst. Aber auch darüber reden wir nicht, es erscheint egoistisch. Dabei wäre es so wichtig, über Tod und Verlust zu sprechen. 

Der Umgang mit Trauernden macht die meisten Menschen unheimlich unsicher. Also mich auf jeden Fall. Ich erinnere mich daran, wie ich vor dem Regal mit Trauerkarten stand und etwas suchte, das nur im Ansatz ausdrückt, was ich fühle. Es endete damit, dass ich „Es gibt keine Worte“ auf ein weißes Din A4 Blatt schrieb. Was soll man auch sagen und schreiben? Etwas Tröstendes?

Die meisten Trauerkarten sind unheimlich christlich, sprechen von besseren Orten oder ewigem Leben, das passt sicherlich nicht für jeden. 

Trauerkarten, die einfach und gefühlvoll sagen, was man denkt

Zum Glück gibt es da jetzt aber Alternativen. Oberuschi Henriette hat mich auf ein Damen-Duo (#geileuschis!) aufmerksam gemacht, das Trauerkarten gestaltet, die ohne gefaltete Hände und schwarze Rosen auskommen, nämlich die beiden Gründerinnen von Heartfelt Paper & Co.

Auf ihren Karten steht zum Beispiel einfach „Er hinterlässt eine große Lücke“. Das ist so einfach, so wahr und so wunderbar unkitschig. Denn letztendlich ist es genau das. Der Mensch, der uns verlässt, hinterlässt eine Lücke in unserem Leben, die für immer bleiben wird. Ich vermisse meinen Onkel, der vor 10 Jahren gestorben ist, noch immer und das wird auch nie aufhören. ___STEADY_PAYWALL___

Julia Reich und Laura Willem sind beide Freelance Art Directorinnen und haben ein wirklich gutes Händchen dafür, Trauer stilvoll auszudrücken. Auf ihrer Website schreiben sie:

„Die schönsten Grußkarten stehen in großer Auswahl zur Verfügung, für all die angenehmen Anlässe, die wir feiern wollen. Aber was ist mit den Momenten im Leben, auf die wir uns nicht freuen? In denen wir keine fröhlichen Sprüche brauchen, sondern echte Anteilnahme, authentisches Mitgefühl oder einfach nur einen ehrlichen Fluch? Denn das Leben läuft nicht immer nur gerade – es hat Kurven, Hindernisse, Sackgassen oder eben die Endstation. Krankheit, Kummer, Verlust oder einfach ein schlimmes Jahr: Genau dann, wenn wir die Unterstützung unserer Freunde und Familie am meisten brauchen, fehlt es dem Grußkarten-Sortiment schlichtweg an passenden Worten. Und an schönem Design. Das möchten wir ändern.“

Eine weitere Karte aus ihrem Sortiment, die mich sofort ansprach, war „Scheiß auf stille Anteilnahme, bei mir darfst du auch laut heulen“, weil Trauer und Anteilnahme eben nicht still sein müssen. Im Gegenteil. Reden hilft, auch wenn es, wie schon erwähnt, für mich nicht einfach ist, mit Trauernden zu reden. Ich fühle mich immer unsensibel und unsicher. 

Diese Sprach- und Hilflosigkeit führt im schlimmsten Fall jedoch dazu, gar nichts zu tun oder zu sagen, aus Angst, etwas falsch zu machen. Wir können uns darauf einigen, dass nichts sagen schlimmer ist, als etwas Dummes zu sagen, oder? Im schlimmsten Fall kann es sogar richtiggehend verletzend sein. Einem Trauernden aus dem Weg zu gehen, um ein eventuell unangenehmes Gespräch zu vermeiden, gibt ihnen das Gefühl, nicht mehr am Leben teilhaben zu dürfen oder eine Belastung zu sein.

Und das möchte man ja natürlich nicht. Lieber sucht man da nach einem ehrlichen und authentischen Weg, sein Mitgefühl auszudrücken. Und wenn es eine Karte ist, auf der einfach „FUCK“ steht. 


Was außerdem hilft

Trauer-Ratgeber erklären oft, wie wichtig es ist, für Trauernde einfach da zu sein, ihnen einen sicheren Raum zu geben, in dem sie ihre Bedürfnisse ausdrücken können. Einem lieben Menschen mitzuteilen, dass man diesen Raum zur Verfügung stellen möchte, ist ein ganz wichtiger erster Schritt. Mit einer Karte ist das Ganze natürlich meistens angenehmer.

So profan es klingt, manchmal hilft es auch einfach zu fragen, wie es der trauernden Person gerade geht. Diese ganz grundlegende Frage wird sehr häufig nicht gestellt. Es ist auch total okay, einfach zuzugeben, dass man selber auch hilflos ist. Es ist auf jeden Fall besser, als den Kontakt aus Ohnmacht und Verunsicherung einzuschränken. Aber bitte – immer daran denken, dass „Sag mir, wie ich dir helfen kann, für mich ist es schwer, das einzuschätzen“ nicht ausufern darf in einen „Schau mal wie schwer das für mich ist“-Monolog. 

Wer Anteilnehmen möchte am Schmerz einer anderen Person, sollte eben genau das tun. Einen Teil der Trauer mittragen. Es geht nicht darum, den anderen mit den eigenen Erfahrungen in Bezug auf Tod und Trauer zu erschlagen oder sogar Ratschläge zu geben, wie man denn „richtig“ mit diesen Schicksalsschlägen umgehen sollte. Diese Hilfe ist tatsächlich auch eine Geduldsübung. Wie schon gesagt, Trauer hat kein Verfallsdatum und Menschen brauchen unterschiedlich viel Zeit. Trauer läuft außerdem nicht linear. Für Menschen drumherum kann es oft schwer sein mit anzusehen, dass eine trauernde Person in ihrer Trauer verhaftet zu sein scheint oder sogar tiefer drin zu versinken. In diesen Momenten hilft Vertrauen, dass die trauernde Person ihren Weg finden wird. 

Oh und (eine Erfahrung, die ich selber machen durfte und schon immer Kacke fand): Bitte unbedingt Phrasen vermeiden. Und auch hier – ich verstehe, warum man dazu neigt. Weil man sowieso nicht weiß, was man sagen soll. Aber „Das wird schon wieder“ hat bestimmt noch nie jemanden geholfen. 


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