Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles: Autorin und Journalistin Laura Fröhlich
Redaktion: Marie-Christin Spitznagel
Ladies (ja, ich spreche jetzt mal explizit die Leserinnen an), findet ihr euch in der folgenden Situation wieder?
Ihr führt eine gleichberechtigte Beziehung mit einem Mann, der vom 50er-Jahre-Familienbild soweit entfernt ist, wie die Fernbedienung, wenn man gemütlich in einer Decke eingewickelt auf der Couch sitzt; aber sobald Kinder da sind, seid ihr plötzlich zuständig für alles? Nicht nur dafür, den Tag zu organisieren, sondern auch dafür, an alles zu denken? Und: Es ist nicht unbedingt der Partner, der euch in diese Situation drückt, aber (gefühlt) alle anderen? Die Kita fragt nach der Telefonnummer der Mutter, ‹Falls mal was ist›, die Verwandtschaft fragt ‹die Mutti›, was die Kinder sich wünschen. Und die Omas greifen sich schockiert an die Perlenkette, wenn Papa mal beherzt in die Wickeltasche greift? Und eines Morgens wacht ihr auf, der erste Gedanke gilt dem anstehenden Elternabend und dann fragt ihr euch, warum ihr eigentlich Zeit und Energie in eine Ausbildung gesteckt habt, die über Spannbettlakenfalten hinausging?
Ein bekanntes Problem
Ich gehe davon aus, dass die meisten von euch nicken. Ich tue es auf jeden Fall. Die schlechte Nachricht ist: Es geht vielen Frauen aktuell so. Das fördert Unzufriedenheit, Stress und im schlimmsten Fall ein Burn Out. Die gute Nachricht ist: Es geht vielen Frauen so, und im besten Fall lernen wir voneinander und vor allem, für eine Lösung einzustehen.
Und jetzt kommen wir zu unserer aktuellen geilen Uschi! Sie beschäftigt sich nämlich mit genau diesem Problem. Laura Fröhlich ist Journalistin, Autorin, Mutter und weiß sehr gut, wie es ist, unter den eigenen (und aufgedrückten) Erwartungen fast zusammenzubrechen. Ihr Herzensthema ist «Mental Load», was sie damit meint, erklärt sie auf ihrer Website:
«Überall gibt es Frauen, die die mentale Last der Gefühlsarbeit fertig macht und die nicht mehr ein noch aus wissen. Überall gibt es Männer, die sich die Vorwürfe anhören, das Problem nicht verstehen und sich laufend angegriffen fühlen. Es ist viel weitreichender, als wir vermuten. Die Frage ist nun: wollen wir das Problem lösen, für unsere Beziehung, für uns selbst und für unsere Kinder?»
Da schreien wir doch alle kollektiv «JA», oder?
Wie funktioniert Familie heute?
Höchstwahrscheinlich ist die Anzahl der Männer, die laut sagen «Ich will, dass meine Frau zuhause bleibt!», heute ziemlich gering. Hoffentlich. Dennoch zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen einen ganz deutlichen Unterschied bei den Betreuungszahlen. Laut dem Statistischen Bundesamt war der Anteil der Väter in Elternzeit im Jahr 2018 mit 1,6 Prozent schon fast doppelt so hoch wie im Jahr 2009, da waren es nur 0,9 Prozent. Eine steigende Tendenz auf erschreckend niedrigem Niveau.
Individuelle Gründe kann man oft gut nachvollziehen, vielleicht verdient der Mann einfach mehr, oder ihm wird (mehr oder weniger deutlich) gesagt, dass eine Elternzeitpause seiner Karriere schaden würde, oder die Mutter wünscht sich schlicht, gerade am Anfang die Haupterziehungszeit mit ihren Kindern zu verbringen. Alles gute Gründe, jede Familie soll für sich selbst entscheiden, was passt. Die Belastung der ‹Gefühlsarbeit› bleibt aber auch nach der offiziellen Elternzeit in der Regel an den Müttern hängen.
In einem Interview mit dem Blog «New Kid on the Block» erläutert Laura, noch einmal genauer, wo der Schuh drückt:
«Weil du auf deinem Account zuletzt viel über Mental Load aus einer persönlichen Sicht schreibst, wirkt es mitunter so, als wärst du ganz schön oft ganz schön genervt. Täuscht der Eindruck?
Ich bin wirklich oft genervt! Aus dem Grund beschäftige ich mich ja mit dem Thema Mental Load. Es hat mich zeitweise in die Knie gezwungen. Ich bin nicht wegen meiner Kinder oder meines Mannes genervt. Mich nerven die Konstellationen, in denen wir als Familie leben. Das betrifft sehr viele Familien. Eltern sprechen aber fast nie darüber. Ich kenne es von Müttern, die meine Texte im Internet kommentieren: Anfangs habe ich freundlicher gebloggt. (...) Ich bin mittlerweile wirklich böse und sehr unzufrieden – aber nicht, weil meine Familie mir dazu Anlass gibt, sondern die Bedingungen, unter denen wir alle leben. Ich als Frau, aber auch Männer.»
Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles
Einen besseren Titel hätte Laura für ihr Buch kaum finden können! Denn genau an diesem Anspruch gehen Frauen, Beziehungen und Familien kaputt. Sie beschreibt ihre eigenen Erfahrungen: «Entspannter leben mit Kindern, das ist mein Ziel. Lange Zeit dachte ich, ich müsste einfach mehr Yoga machen oder eine Stunde früher aufstehen, dann müsste es doch endlich gut laufen. Falsch gedacht! Denn mein Hauptproblem ist, dass ich mich als Mutter um alles kümmern muss.
Wie kam es nur so weit?»
Es geht nicht nur darum, neben der Erwerbsarbeit noch den Haushalt zu schmeißen und die Kinder zu betreuen; es geht darum, dass auch noch an alles gedacht werden muss. Arzttermine, Geburtstage und Schulfeste – der Terminkalender im Kopf macht Stress. Und dann entsteht der Belastungs-Teufelskreis: umso mehr die frau an alles denkt, umso mehr verlässt sich der Partner darauf, dass die Frau an alles denkt.
Wie kommt man aus der Nummer also raus?
Das ist eine schwierige, aber berechtigte Frage. Zum Glück stellt Laura nicht nur schwere Fragen, sondern gibt sich auch Mühe, ihnen auf den Grund zu gehen. Dazu interviewt sie auf ihrem Blog andere Frauen, die ihre Erfahrungen teilen, gibt Lösungsansätze und vor allem: Sie hält die Frage und das unbequeme und ja, immer noch nervende Thema, in der Öffentlichkeit.
Vor allem ein gesellschaftliches Umdenken muss stattfinden, fordert Laura in dem Interview mit ‹New Kid on the Block›:
«Ich rege mich darüber auf, dass die Gesellschaft uns in diese Rollen drängt. Würden wir in einer perfekten Welt leben, könnten Männer und Frauen Arbeit, Haushalt und Erziehung unter sich aufteilen, wie sie wollen. Wenn sie sich dann einigten, dass der Mann wie schon seit hundert Jahren den ganzen Tag arbeiten geht, wäre das überhaupt nicht schlimm. Es wäre auch nicht mein Problem. Das Letzte was ich will, ist es, einzelnen Paaren vorzuschreiben, wie sie zu leben haben. Oftmals müssen wir aber so leben, wie es immer schon war. Weil es zum Beispiel für viele Väter so schwer ist, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Unsere Arbeitszeitmodelle sind völlig unflexibel und familienunfreundlich. Von vielen Menschen wird erwartet, dass sie lange im Büro sind. Von Müttern wiederum wird erwartet, dass sie sich um die Kinder kümmern. Im Kindergarten zum Beispiel heißt es dann: ‹Wir brauchen noch Mamas, die beim Bastelabend mitmachen.› Wir werden in diese Rollen gedrängt und sind in ihnen oft nicht glücklich.»
Danke Laura, du geile Uschi, dass du dieses wichtige Thema in den Medien hältst und darauf aufmerksam machst! Denn leider wird über dieses Thema noch viel zu wenig gesprochen.