Medienalleskönnerin, Autorin, Schauspielerin und Politikerin Samira El Ouassil

Redaktion: Marie-Christin Spitznagel

Schönen guten Tag, meine Lieblingsuschis!

Wenn ich den folgenden Text jetzt einleite mit: »Statt einen Artikel über sie zu schreiben, könnte ich auch einfach ihre letzten 50 Tweets hier einbinden, das wäre aussagekräftig genug«, bekommt ihr dann alle Stresspickel, weil ihr gleich an ein süßkartoffelchipfarbiges, twitternutzendes Rumpelstilzchen denken müsst?

Ja, geht mir auch so, ABER Samiras Tweets sind klug, lustig und tatsächlich gehaltvoll. Krass, oder? Man hat fast vergessen, dass das geht.

Aber bevor ich euch davon vorschwärme, wie cool Samira ist, lasst mich, für alle die noch nicht von ihr gehört haben, davon schwärmen, wie cool Samira bisher schon war!

Das Multitalent mit professioneller Wink-Ausbildung

In den letzten Artikeln, die ich für die Uschiparade bereits schreiben durfte, habe ich schon erwähnt, dass ich immer extrem beeindruckt bin von Uschis, die so umfassend talentiert und gebildet bin, dass da tatsächlich auch immer ein Teil Neid mitschwingt. (Aber der motivierende »Das will ich auch können«-Neid, nicht der eklige »Das gönne ich dir nicht, weil ich es auch nicht habe«-Neid).

Bei Samira geht mir das auch so. Nach ihrem Abitur auf einer deutsch-französischen Schule studierte sie Kommunikationswissenschaft und Germanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und schloss ihr Studium mit einem Master ab. Nebenher hospitierte sie noch bei den Fernsehmagazinen ›quer‹ und ›Südwild‹ (Bayerischen Rundfunk), arbeitete für den ›Deutschen Depeschendienst‹ und beim ›Münchner Lokalradio‹. Außerdem machte sie noch eine Sprecher- und Synchronsprecher-Ausbildung. Als sie dann ihren Master hatte, schloss sie nochmal eben eine Schauspielausbildung an der München Film Akademie ab.

Während sie dann in verschiedenen deutschen Serien und Filmen auftrat, machte sie so flux nebenher noch einen zweiten Master in Politik, Philosophie und Wirtschaft. Wahrscheinlich hat sie auch irgendwann zwischendrin auch noch mal geschlafen ... vielleicht.

Ich habe es während meines Abis geschafft, am Wochenende vorm Feiern zu kellnern und danach ein Studium abzubrechen, also ich finde, wir sind da leistungstechnisch ziemlich gleich auf.

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Was hat sie dann mit bzw. während dieser grandiosen Ausbildung gemacht? Na sie war natürlich prädestiniert für politische Satire! In 2009 trat sie mit Martin Sonneborn in der damals neuen ›Die PARTEI‹ als Kanzlerkandidatin an. Allerdings hat der Bundeswahlausschuss sie nicht zur Bundestagswahl zugelassen. Damals war ›Die PARTEI‹ tatsächlich noch eine reine Quatschveranstaltung, kaum mehr vorzustellen, und Samira spielte damals die hübsche, aber stille Quotenfrau, die in tief ausgeschnittenen Kleidern über den betont sexistschen Witze ihrer Parteikollegen kicherte und in Interviews Sachen sagte wie: »Martin redet, ich sehe aus« oder »Ich hab einen dreimonatigen Workshop gemacht an der Sorbonne zum Thema Lächeln, Winken und weibliche Präsenz in der Politik.«

Natürlich alles Satire, zu einer Zeit in der Politik noch möglichst langweilig war. Bis zum #Aufschrei dauerte es ja noch knapp vier Jahre. 2009 musste man sich an Kleinstparteien wenden, um sich zu fragen »Meinen die das ernst?«.

Gabriele Pauli, die damalige Vorsitzende der Splitterpartei Freie Union, die sich zuvor mit viel Getöse von der CSU und den Freien Wählern geschieden hatte, machte Kader Loth zu ihrer Frauenbeauftragten. Für all die Glücklichen da draußen, die den 2000er Semi-Promi bereits aus ihrem Gedächtnis gelöscht haben: Loth wurde durch ihren Auftritt in verschiedenen RTL(2) Formaten wie »Big Brother« und »Die Alm« bekannt. Damals war das Konzept von TV Persönlichkeiten in politischen Berufen noch neu.

Sag niemals Nietzsche

Samira hat ihre Winkausbildung aber nach dem gescheiterten Wahlkampf weiterhin sinnvoll eingesetzt. Die Berliner Zeitung schrieb so schön: »Samira El Ouassil macht nicht irgendwas mit Medien, sondern alles.«

Das trifft es tatsächlich auch am besten! Sie schreibt für den ›Spiegel‹ und das Onlinemagazin ›Übermedien‹ sehr kluge Sachen, Anfang des Jahres war sie neben Rezo und Volksverpetzer (die letztendlich gewonnen haben) als Bloggerin des Jahres nominiert. Natürlich hört man sie inzwischen in einem Podcast, der den genialen Namen »Sag Niemals Nietzsche« trägt und »Philosophie für Faule« verspricht. Das finde ich ja schon mal sehr ansprechend!

Und: Ja, sie ist auch sehr klug und witzig auf Twitter. Aber sie macht eben nicht nur, ›Gute Laune-Haha‹-Eskapismus. Sie spricht politische und gesellschaftliche Probleme sehr deutlich an, gibt immer wieder Anstöße nachzudenken, kombiniert Wissen mit Witzigkeit. Deutscher Humor einer Kosmopolitin in kluger Witzigkeit. Das ist so schön, ich fühle mich manchmal an Loriot erinnert.

»Das ist der beste Text, den Sie diese Woche lesen werden. Er enthält die erfolgreichsten Wörter der Geschichte, denn diese Wörter hier waren alle auf sehr guten Schulen. Noch nie war ein Text so bombastisch und so schlau. Noch nie hat ein Text so wenig Steuern gezahlt. Ich kenne viele sehr herausragende und gebildete Menschen, die ebenfalls meinen, dass dieser Text überdurchschnittlich intelligent ist. Außerdem hat diese Kolumne verhindert, dass Millionen von Menschen an Covid starben. Beweisen Sie mir das Gegenteil! Solange es im Raum steht, ist es meine Wahrheit, mit der Sie umgehen müssen, denn das ist die Magie der Worte. Mit Sprache lässt sich eine neue Wirklichkeit erschaffen, an der sich die Maßstäbe des Faktischen erst mal abarbeiten müssen«, schreibt Samira in einer Spiegel-Kolumne über das TV-Duell zwischen Trump und Biden. Und weiter: »Problematisch wird es, wenn ein entscheidender Wirklichkeitsgestalter diesen Wortzauber missbraucht und - lügt. Donald Trump, der kindliche Kaiser der Post-Truth-Wirklichkeit, hat das Schwindeln perfektioniert: Wenn er einer Lüge überführt wird, lügt er weiter, um seine erste Lüge wahrer zu machen, aber auf gar keinen Fall ist ein Schuldeingeständnis zu erwarten. Solange er seine Aussage nicht widerruft oder das Gegenteil für zutreffend erklärt, existiert die erlogene Wahrheit im öffentlichen Raum als Schrödingers Fratze der politischen Täuschung, in der eine nicht belegte Wahrheit und eine nicht widerlegte Lüge gleichzeitig existieren können und deckungsgleich sind.«

Schöner und erschütternder kann man den aktuellen Zustand der Fakten vs. Alternative Fakten nicht beschrieben. Und das ist so lange wahr, bis mir jemand das Gegenteil beweist.