Ich will katholische Priesterin werden! - Theologin Jacqueline Straub
Redaktion: Marie-Christin Spitznagel
Kirche und “geile Uschi” - passt das? Und KATHOLISCHE Kirche und “geile Uschi”, passt das? Nee, oder?
Doch, das passt. Und wie! Denn, meine Lieben, heute wird es ganz besonders spannend in der Uschi-Parade. Wir Frauen hatten alle schon mal mit Glasdecken und Macho-Mauern zu kämpfen, oder? Die Uschi, die ich euch heute vorstellen möchte, hat sich aber die größte und dickste Mauer im ältesten und dickköpfigsten Männerverein der Welt ausgesucht: Jacqueline Straub möchte Priesterin in der römisch-katholischen Kirche werden!
Na das ist erstmal ein Brett, oder? Die römisch-katholische Kirche ist jetzt nicht unbedingt für ihren Reformationswillen bekannt. Aber das hält Jacqueline nicht auf. Die Hobbyboxerin macht unermüdlich weiter, auch gegen schwere Widerstände. Deswegen hat sie auch einen Platz hier in der Uschi-Parade verdient!
Jacqueline Straub und ihr Traum vom Priesteramt
Ich gehöre zu den 38 Prozent konfessionsfreien Menschen in Deutschland. Da ist es vielleicht schwer zu verstehen, dass eine junge Frau (Geburtsjahr 1990) so leidenschaftlich für ihren Traum, Priesterin zu werden, kämpft. Dabei ist sie selber in einer Familie “klassischer Kultur-Christen” aufgewachsen, wie sie in einem Interview mit dem Schweizer Magazin “Annabelle” sagt. Erst mit 17 entdeckte sie ihre religiöse Begeisterung und wurde sogar noch Ministrantin.
Auf ihrer Website beschreibt sie ihren Weg zum Glauben so:
“Mein Glaubensweg begann mit 15 Jahren, als ich mit einer Freundin in einem christlichen Jugendcamp war. In dieser Zeit entwickelte sich auch mein «Brennen». Seitdem spüre ich in meinem Herzen die Berufung, römisch-katholische Priesterin zu werden. Durch einige Pilgerfahrten unter anderem nach Rom, Assisi, Taizé und Jerusalem wurde mein Glaube an Gott und an die Kirche gestärkt. Mein Glaube wuchs ebenso durch Begegnungen und das Dienen als Ministrantin in meiner Heimatpfarrei Pfullendorf (Baden-Württemberg). Durch den Dienst am Altar wurde meine Berufung zur Priesterin immer größer.”
Jacqueline studierte römisch-katholische Theologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau und schloss 2016 mit dem „summa cum laude“ an der Universität Luzern ab. In Freiburg machte sie auch ihren Wunsch, Priesterin zu werden, zum ersten Mal öffentlich. Damals besuchte nämlich der Papst die Stadt Freiburg. Sie erzählt der “Annabelle” von ihrer Erfahrung:
”Freiburgerinnen und Freiburger wurden aufgefordert, einen Beitrag für ein Buch zum Papstbesuch zu schreiben. Erst schrieb ich ein Gedicht. Dann dachte ich: Das ist Bullshit, wenn ich doch die Möglichkeit habe, dem Papst zu sagen, was ich denke! Also kroch ich mitten in der Nacht aus dem Bett und verfasste einen Beitrag darüber, dass ich Priesterin werden will. (...) Der Beitrag wurde tatsächlich gedruckt. Der Papst reagierte zwar nicht darauf, dafür aber die Medien. Plötzlich erhielt ich eine Plattform für mein Anliegen.”
Sie wird seither in Talkshows eingeladen und spricht sehr öffentlich über ihr Bestreben. Auch der bayrische Rundfunk berichtet über sie, anlässlich des Weltfrauentages in Bayern, zu dem der katholische deutsche Frauenbund geladen hatte.
Wer seinen Kreislauf anfeuern möchte sollte sich unbedingt die Kommentare durchlesen. Bei mir haben sie auf jeden Fall den Puls in die Höhe getrieben.
Spannend ist die Argumentation der Gegner des weiblichen Priesteramtes, neben dem “das haben wir schon immer so gemacht”, wird auch oft angeführt, dass Jesus Christus selber nur männlich Apostel wählte. Die Rolle der Maria Magdalena, die als eine der wichtigsten Zeuginnen der Auferstehung gilt, wird hier vollkommen unter den Tisch gekehrt. Wen das Thema interessiert, empfehle ich diesen Artikel.
Hans-Dampfin in allen Gassen
Jacqueline lässt sich aber nicht beirren oder mürbe machen, wobei ich mir vorstelle, dass es besonders frustrierend sein muss, so oft einfach ignoriert zu werden. Es kommt ja nicht mal ein “Nein”. Auf ihre Anfragen wird einfach gar nicht geantwortet. Immerhin hat Papst Franziskus seit 2016 immer wieder verlauten lassen, dass er überlegt, eine Kommission zu gründen, die eventuell darüber nachdenkt. Seitdem sind verschiedene Gruppen zu keinem Ergebnis gekommen. Einen aktuellen Hoffnungsschimmer auf etwas Bewegung gibt es aber: Am 8. April 2020 wurde in Rom bekannt gegeben, dass Papst Franziskus eine eigene Studienkommission eingerichtet hat. Zu ihr gehören fünf Frauen und fünf Männer, die nun weiter diskutieren werden.
Bisher aber hält die römisch-katholische Kirche an ihrer “Keine Frauen am Altar”-Regel fest, und die Wehrhaftigkeit gegen progressivere Wege ist stark. Dabei habe sich die evangelische und alt-katholische Kirche schon (lange) für Frauen geöffnet. Zu konvertieren kommt aber für Jacqueline Straub nicht in Frage. So einfach muss man es ja den alten Männern auch nicht machen.
Bis sie schließlich Priesterin werden kann, arbeitet Jacqueline als Journalistin für verschiedene Medien. Sie ist u.a. Redakteurin bei der Schweizer Zeitung “20 Minuten”.
2017 hat sie ihr Buch “Endlich Priesterin sein!” im Paulus Verlag veröffentlicht, 2018 folgte “Kickt die Kirche aus dem Koma”. Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig. Im “Aufbruch”, einer unabhängigen Zeitschrift für Religion und Gesellschaft, und im christlich-ökumenischen Magazin “Kirche in” sind regelmäßig Texte von ihr zu lesen. Im “Anzeiger für die Seelsorge”, der größten katholischen Fachzeitschrift für Pastoral- und Gemeindepraxis im deutschen Sprachraum, hat sie sogar eine monatliche Rubrik.
Quo vadis, Jacqueline?
Wohin wird der Weg sie also führen? Sie hat sich auf jeden Fall keine leichte Lebensaufgabe ausgesucht. Aber ihre Überzeugung und ihre Leidenschaft wird sie sicher weiter motivieren. Denn neben all dem Widerstand erhält sie auch eine Menge Zuspruch. Immer mehr religiöse Frauengruppen fordern Gleichberechtigung in der katholischen Kirche. Der englische Sender BBC hat sie auf die Liste «BBC 100 Women 2018» gewählt, er zählt sie also zu den 100 inspirierendsten und einflussreichsten Frauen der Welt. Das ist eine ordentliche Auszeichnung.
Man kann auf jeden Fall gespannt bleiben, was diese geile Uschi noch bewegen wird!
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