Was wir vom Netflix-Serienhit "Das Damengambit" lernen können
Text: GUK-Gründerin Henriette Frädrich
Der Netflix-Serien-Hit „Das Damengambit“: Eine junge Frau mischt in den 50er und 60er Jahren die internationale Schachszene auf. Geniale Serie. Angucken!
Und ja, die Protagonistin Beth Harmon ist die einzige Frau in der Männerwelt des Schachs. Aber das wird so gut wie gar nicht thematisiert. In all den Folgen gibt es vielleicht zwei bis drei kurze Dialoge darüber, die etwas damit zu tun haben. Aber das ist schnell abgehandelt und gar nicht Thema der Serie. Anfangs dachte ich nämlich genau das.
“Ah, da muss sich wieder eine Frau in einer Männerdomäne behaupten und wir begleiten sie bei diesem ermattenden Kampf sechs Folgen lang.”
Aber dem war nicht so. Es ging um ihren ganz eigenen Kampf, es ging um Schach, Genie und Wahnsinn, Coming-of-Age, Erwachsenwerden und Identität. Da spielt sich einfach ein Schach-Genie in den Schach-Olymp. Beth Harmon lebt dabei ihr Frausein, kommt mit glamourösen Looks zu jeder Partie, raubt allen den Atem. Und alle genießen es. Am meisten sie selbst. Und genau das darf so sein. Sie darf Frau sein in einer Männerwelt. Mit aufwendigen Frisuren, rotem Lippenstift und wahnsinnig tollen Kleidern. Sie darf weiblich sein. Muss sich nicht anpassen an die Männer. Sie muss ihr Frau-Sein nicht verstecken. Und wird (dennoch) respektiert, hofiert, gefeiert und bewundert. Und ja, auch unterstützt. Von Männern, ihrer „Beth-Crew“, die ihr mit vollem Einsatz helfen, den amtierenden russischen Großmeister zu schlagen.
In den letzten 20 Jahren lernten Frauen in der heutigen Zeit vor allem das Gegenteil von dem, wie Beth in der Serie sein darf. Nämlich, wie wichtig es ist, „männlich“ zu sein, „männlich“ zu wirken. Bloß nicht zu schön, zu weiblich, zu gefühlvoll und verführerisch im Business auftreten. Uns wurden imaginäre graue, schwere Decken übergeworfen, unter denen wir unsere Weiblichkeit und unser Frausein zu verstecken haben. Uns wurde eingeredet, dass wir im Beruf nicht erfolgreich sein können, niemals die Karriereleiter empor klettern, wenn wir zu sehr Frau sind. Warum? Aus Angst vor der unfassbaren Macht und Kraft des Weiblichen. Aber das ist ein anderer Blog-Artikel.
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Zurück zur Serie: Man legte Beth keine Feminismus-Steine in den Weg. Kein „Gegen eine Frau spiele ich nicht“, kein „Eine Frau darf bei diesem Turnier nicht antreten.“ Nein, es ist völlig selbstverständlich, dass das junge Mädchen spielen und antreten darf. Klar sind die alten Schachhasen neugierig auf sie, klar ist sie Außenseiterin. Aber man lässt sie ihr Ding machen. Und es ist am Ende sogar egal, ob sie Frau oder Mann ist. Die Geschichte hätte vielleicht genauso gut von einem Waisenjungen erzählt werden können.
Die Message der Serie: Klar kann jede Frau, die Bock hat und gut ist, Schach spielen und die Weltmeister wegputzen. Warum auch nicht? Wo ist das Problem? Und warum reden wir eigentlich überhaupt darüber?