„Frauensolidarität“ ist keine Frauensache

 

Redaktion: Marie-Christin Spitznagel

Einen wunderschönen Tag liebes Uschiversum!

Heute darf ich über ein weiteres Thema schreiben, das mir sehr am Herzen liegt. Frauensolidarität. Was ist das, was ist das für mich, ergibt das überhaupt Sinn und kann man das essen?

Und bevor jetzt allen vom Augenrollen schwindelig wird: Ich verspreche, meinen Zeigefinger hierfür nur zum Tippen zu verwenden. Ich weiß, dieses Thema ist teilweise ziemlich aufgeladen, vielleicht sogar mit Bedeutungsebenen überladen, die da einfach nicht hingehören. Daher mein Versuch, mal ganz grundlegend über mein Verständnis dazu zu schreiben.


Girl-Boss ist ein schlimmes Wort

Oberuschi Henriette hat gerade erst einen Artikel zu diesem Thema geschrieben, aber vielleicht mit einer etwas anderen Sichtweise. Das muss ich wahrscheinlich beim Schreiben herausfinden. Prinzipiell sehe ich viele Dinge ähnlich, aber nicht alle. Während sie findet, wir sollten alle weniger reden und mehr machen, antworte ich darauf mit meinem Lieblingssatzanfang: Ja, aber ...

Ja, es ist sinnvoll ins Tun zu kommen.

Ja, teilweise nehmen Solidaritätsbewegungen generell seltsame Auswüchse an.

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Ja, nur über etwas reden, hat noch nie ein Problem gelöst.

Ja, immer wieder hervorzuheben, dass wir FEMALE Empowerment brauchen und jede Frau ein GIRL Boss sein kann, zeigt ja nur, dass sie noch immer eine seltene Ausnahme ist. Und das ist bescheuert und auch ein bisschen schädlich.

Aber.

Aber „wir“ (So als kollektive Frauengruppe der Welt – für die ich selbstverständlich reden kann. Natürlich. Gänzlich problemlos.) sind so lange auf eine bestimmte Weise erzogen und sozialisiert worden, dass es schwierig ist, da auszubrechen. Aber Sprache ist machtvoll und wichtig, denn unser Denken steuert unser Handeln. Aber noch immer werden Frauen in Machtpositionen bestenfalls als etwas Besonderes, schlimmstenfalls als Provokation gesehen. Aber irgendwie müssen wir doch weiterkommen.

Die gesamte Frauenbewegung ist noch nicht sonderlich alt und manche Dinge passieren unheimlich langsam, während sich gleichzeitig andere Dinge schrecklich schnell bewegen. Ich bin Jahrgang 1983 und habe in den letzten Jahrzehnten verschiedene „So gehen Frauen miteinander um-Trends“ erlebt, dass es mir manchmal schwerfällt, mitzuhalten. Manchmal muss ich mich auch einfach vor Scham schütteln. In den 90ern, als Teenie, war ich ein großer Spice Girls Fan und trug GIRL POWER T-Shirts, träumte von unzerstörbaren Frauenfreundschaften wie bei Ginger Spice & Co. oder TikTakToe, nur um dann durch diverse Pressekonferenzen enttäuscht zu werden. Ich liebe die Spice Girls dennoch nach wie vor.

In den frühen 2000ern wurde plötzlich eine „Ich bin nicht wie andere Frauen – ich bin cool-Mentalität“ in der Popkultur groß, die ich im Nachhinein wirklich gruselig finde. In Songs wurden die aktuellen Partnerinnen des Angebeteten beleidigt und vergrault. Serien wie How I Met Your Mother zeigen die perfekte Frau als quasi einen von den Jungs, fiese Beleidigungen sind, Varianten von „Du bist ein Mädchen“ zu sagen. Das ist jedenfalls nicht, was ich mit Frauensolidarität meine.


Und was ist jetzt?

Als Millennial muss ich sagen, dass mir der Ansatz der Gen Z, nämlich dass Frauen sich gegenseitig unterstützen und gut finden sollten, wirklich gut gefällt.

Aber. (Da ist es wieder.)

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Unreflektiertes Abfeiern einer Person, nur auf Grund eines Attributes, finde ich ja eher ungeil. Ich würde mich ja total freuen, wenn wir manche Dinge einfach klar benennen könnten, ganz ohne Drama. Ich glaube, da sind Henriette und ich uns einig. Fakt ist: Frauen machen häufiger und bessere Abschlüsse als Männer, arbeiten aber danach trotzdem in schlechter bezahlten Berufen. Wir könnten jetzt Ursachenforschung betreiben, uns überlegen, ob es an der Familienplanung, den männlichen Netzwerken, Vorurteilen oder Mondphasen liegt und dann gezielt diesen Faktoren entgegenwirken. Zum Beispiel durch eine Quote, die nicht nur Frauen in Positionen holt, für die sie qualifiziert sind, sondern auch Unternehmen motiviert, ihre Kultur zu überdenken. Wir könnten uns fragen, ob es überhaupt erstrebenswert ist, an einem veralteten Arbeitsmodell festzuhalten, zwischen Präsenzpflicht und 40 Stunden Wochen, in denen doch nur 20 produktiv gearbeitet wird. Oder wir verlieren uns in einer ermüdenden Scheindebatte darüber, ob es jetzt schrecklich oder ganz schrecklich ist, eine „Quotenfrau“ zu sein. *Gähn*.

Vielleicht haben viele Frauen gar keinen Bock darauf, wie die grauen Männer aus Momo ihre Zeit zu verkaufen und wollen lieber durch andere, flexiblere Arbeiten Geld verdienen? Zum Beispiel, indem sie bei Instagram als Influencerin tätig sind, und was sagt es eigentlich über unsere Gesellschaft aus, dass „wir“ uns so gerne über diese Frauen lustig machen? Dass manche abgehalfterten Ex-Fernseh-Stars nur noch relevant sind, weil sie sich ausufernd über diese (eben meistens Frauen) lustig machen. Und (Achtung, jetzt wird´s verrückt!) vielleicht wollen nicht Frauen als Allgemeinheit aus diesen Normen ausbrechen, aber manche und (noch verrückter) einige Männer auch?

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Der Unterschied zwischen Müttern und Vätern in Elternzeit ist immer noch absolut lächerlich groß. Liegt das tatsächlich daran, dass Väter keine Lust haben, bei ihren Kindern zu bleiben? Ich persönlich habe jedenfalls noch nie mit einem Vater gesprochen, der Elternzeit nahm und es bereute. Im Gegenteil habe ich des Öfteren Väter gehört, die es bereuten, diese Möglichkeit nicht in Anspruch genommen zu haben. Die Gründe, warum sie nicht in Elternzeit gingen, klangen auch immer ähnlich (auch wenn ich natürlich keine repräsentative Studie aus meinem Bekanntenkreis zaubern kann): Er verdiente mehr Geld, und häufig gab es noch doofe Sprüche von den Kollegen oder Chefs. Wobei glücklicherweise letzteres stetig weniger wurde, seit mein Mann sich 2008 anhören musste, er hätte wohl keinen Bock zu arbeiten und würde so nie Karriere machen.


Also?

Vielleicht ist „Frauensolidarität“ gar keine Frauensache. Vielleicht geht es hier um Solidarität mit Menschen. Um Wahlfreiheit für ein selbstbestimmtes Leben, das aktuell so nicht möglich ist, weil finanzielle, gesellschaftliche und gedankliche Grenzen uns hindern. Egal ob Frau, Mann oder non-binär.

Vielleicht ist es einerseits wichtig, immer mal wieder zu sagen „Hey, das hier läuft doof“ und sich aber GLEICHZEITIG hinzusetzen und etwas dagegen zu tun. Auch wenn es ausreichend Gegenwind gibt, und den wird es leider immer geben, wenn man gegen gängige Normen verstößt.

Ja, wir sollten all die geilen Uschis da draußen feiern, für jede einzelne eingeschlagene gläserne Decke. Und die geilen Ottos gleich mit. Meine Mutter sagte früher zu mir „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau, die ihm den Rücken freihält.“ Vielleicht sagen wir unseren Kindern einfach: „Neben jedem erfolgreichen Menschen stehen all jene, die diesen Erfolg mit möglich gemacht haben.“

 

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