Von der Musikbranche in die Gewürzwelt – "Ankerkraut"-Gründerin Anne Lemcke

Redaktion: Marie-Christin Spitznagel

Annes Vortrag vom zweiten GUK am 12.12.2020

Update 12.08.2020: Wir gratulieren Anne zum Teil-Exit! Zweistellige Millionensumme für Ankerkraut. Hammer! MEHR

Geile Uschis machen! Reden, träumen, “was wäre wenn”-fragen, das kann doch jeder. Aber nur eine echte Poweruschi nimmt die Dinge in die Hand und denkt sich “Einfach machen!”.

Anne Lemcke ist ein echtes Paradebeispiel für diese Uschi-Eigenschaft. Sie und ihr Mann Stefan haben sichere Jobs aufgegeben und ein erfolgreiches Unternehmen gegründet, während sie noch zwei Kinder aufzogen. Da bekomme ich schon mal das Bedürfnis, anerkennend in die Hände zu klatschen. Während der Recherche für diesen Text musste ich auch manches Mal innerlich jubeln. Von der Anne können wir nämlich noch eine Menge lernen!

Liest oder hört man sich Interviews mit Anne an, bemerkt man sofort, dass sie eine Macherin ist. Sie lässt sich nicht abspeisen und wenn ihr ein “Geht nicht!” entgegen kommt, dann findet sie eben selber einen Weg. Ganz bezeichnend fand ich ein Interview mit ihr auf FAZEmag, dort beschreibt sie ihren Einstieg ins Berufsleben.

“Angefangen hat alles 1999. Schon während meiner Abiturphase war mir klar, dass ich in der Musikindustrie arbeiten möchte. Welche Möglichkeiten es gab, dass wusste ich jedoch nicht. So bin ich, recht naiv, zur Bundesagentur für Arbeit gegangen und habe mich beraten lassen. Die Dame vor Ort war mit mir und meinen Vorstellungen dann doch etwas überfordert. ‹Sie wollen doch Sängerin werden!› Nein, genau das wollte ich nicht. Sie hat mir dann eine Stelle als CD-Fachverkäuferin bei Saturn angeboten.

So musste ich das Ganze selber in die Hand nehmen und bin dann nach meinem Abi durch einen befreundeten DJ bei Dos Or Die Recordings in Krefeld gelandet. Von dort aus ging es für mich nach München zur BMG, bei der ich meine Ausbildung abgelegt habe. Danach folgte noch ZYX Music und ein Auslandsaufenthalt, bis ich schlussendlich bei Kontor Records in Hamburg an Bord ging. Kontor war für mich immer das absolute Nonplusultra. Es war mein Karrieretraum, irgendwann dort zu arbeiten und als Jens Thele mich dann eines Tages anrief und mir die Stelle als Head Of Promotion angeboten hat, ging dieser Traum für mich in Erfüllung.”

„So musste ich das Ganze selber in die Hand nehmen.“

— Anne Lemcke, immer

Anne nimmt die Dinge selber in die Hand. “Pragmatische Traumverfolgung” möchte ich das nennen. Ich mag diese Attitüde von “wenn ich nicht weiß, wie es geht, dann mache ich es eben selber”, frau kann eben nicht immer auf den Ritter in glänzender Rüstung warten.

Anne erfüllt sich also ihren Jugendtraum und hat eine tolle Zeit bei Kontor. Bis ein neuer Lebensabschnitt anbricht, der ihre Machermentalität herausfordert. Denn ihr Mann Stefan kommt auf die wahnwitzige Idee, seine erfolgreiche Selbstständigkeit zu beenden. Um Gewürze zu verkaufen. Ein Markt, der in Deutschland eigentlich vollkommen übersättigt ist. Von den 900 Millionen Euro Umsatz im Jahr in Deutschland gehen Dreiviertel davon direkt an die Fuchs Gewürze GmbH. Zu ihr gehören auch Marken wie Ostmann, Ubena, Wagner, Bamboo Garden, Escoffier, Kattus und die scharfen Soßen und Dips von Fuego. Ein voller Markt mit einem starken Player, gegen den man sich erst mal durchsetzen muss. Aber Widerstände sind ja nun kein Grund ein Ziel nicht zu verfolgen. Jedenfalls nicht für Anne.

Zwischen Selbstverwirklichung und gemeinsamen Glück

Sie ist zwar anfangs nicht sehr begeistert von der Idee, Musik für Gewürze einzutauschen, aber manchmal müssen wir alle Entscheidungen treffen, die nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Liebsten betreffen. Anne erzählt auf FAZEmag:

“Zu diesem Zeitpunkt wohnten wir bereits vor den Toren Hamburgs auf dem Land, hatten ein Kind und Baby Nummer Zwei war bereits unterwegs. (...) Hinzu kam die furchtbare Situation Elbtunnel – welche wohl nur Hamburger nachvollziehen können. Jeden Tag aufs Neue war es nie sicher, wie lange ich ins Büro brauchen würde. Zwischen 40 Minuten und drei Stunden war alles möglich. Wenn es nur um einen selber geht, ist das okay und etwas, was man in Kauf nehmen kann. Wenn man jedoch Kinder hat und diese pünktlich aus der Kita abgeholt werden wollen, dann ist das wirklich ein großer Stressfaktor. Daher haben wir dann alles auf eine Karte gesetzt und ich habe schweren Herzens meinen Job bei Kontor aufgegeben.”

Aber auch wenn die Entscheidung sicher nicht leicht war, unglücklich ist Anne damit nicht. Bis heute steht sie mit Künstlern und ehemaligen Kollegen in Kontakt, aber ihre neue Verwirklichung hat sie mit ihrem Mann Stefan bei “Ankerkraut” gefunden. Von ihrem gemeinsamen Projekt erzählt sie:

“Zusammen mit meinem Mann Stefan leite ich die Ankerkraut GmbH. Wir produzieren und vertrieben hochwertige Gewürzmischungen ohne Zusatzstoffe in einer hübschen Verpackung. Wir sind eines der schnellstwachsenden Food-Startups in Deutschland und beschäftigen aktuell 93 Mitarbeiter. Unsere Produkte vertreiben wir sowohl online als auch in mittlerweile 5000 Supermärkten plus Baumärkte usw. 2016 waren wir in der TV-Show «Die Höhle der Löwen» und haben Frank Thelen als Investor gewinnen können. Ankerkraut hat ganz andere Herausforderrungen für mich, aber ich bin wahnsinnig glücklich und auch dankbar, noch einmal eine Aufgabe gefunden zu haben, die mich so sehr ausfüllt.”

Der Investor Thelen steigt mit 20 Prozent Unternehmensbeteiligung ein und gibt Ankerkraut nochmal ordentlich Schwung, so können Anne und Stefan geschätzt zwei Jahre Entwicklung überspringen. “Wir hätten es auch ohne die Löwen geschafft, nur nicht so schnell”, sagt Anne.

Heute sind Anne und Stefan nicht nur die Macher hinter, sondern auch die Gesichter für Ankerkraut. Die Unternehmenskanäle konzentrieren sich nicht nur auf das Produkt, sondern zeigen auch die beiden Gründer ganz authentisch, anpackend und voller Begeisterung. Auch Frank Thelen ist noch immer dabei und weiterhin Fan der Produkte

Anne ist also eine echt geile Uschi, sie packt an und verwirklicht ihre Träume selber, sie wartet nicht darauf, dass es jemand für sie macht. Und das finde ich wirklich inspirierend!