Einfach mal NEIN sagen!

Redaktion: Marie-Christin Spitznagel

Ihr Uschis, es ist ein leidliches Thema: Die Fähigkeit NEIN zu sagen, wenn man es meint. Oder eher die generelle Unfähigkeit dazu, die dann dazu führt, sich mit Dingen und Aufgaben zu überladen, auf die man eigentlich keine Lust hat. Denn natürlich ist das ja eher das Problem. Wir Frauen (nicht nur, aber anscheinend hauptsächlich) haben Schwierigkeiten, Anfragen abzulehnen und anderen einen Gefallen zu verweigern.

Aber wir wollen ja nett sein und keinen Ärger machen. Deshalb melden wir uns freiwillig als erste für den Kuchenverkauf in der Grundschule (auch wenn das niemand von uns verlangt hat), helfen unserer Großcousine zweiten Grades beim Umzug, schauen uns das schiefe Geigenkonzert vom Nachbarskind an und fühlen uns auch noch schlecht, wenn wir nicht alles unter einen Hut bekommen.

Am Schluss sind wir gestresst, unsere Lieben sind genervt und unsere Mitmenschen sind verwirrt, weil sie nicht wissen, warum wir gestresst sind (Wir verraten es ja auch nicht. Wir wollen ja nicht anstrengend oder unhöflich sein!).

“Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles”

Erinnert ihr euch an Laura Fröhlich? Über diese geile Uschi durfte ich hier auch schon schreiben. Sie hat das oben genannte Buch geschrieben und darin geht es um das Thema Mental Load. Gerade wir Frauen belasten uns unheimlich gerne mit Aufgaben und verhindern gleichermaßen, dass sie uns von jemanden abgenommen werden, weil diese Person es ja nicht so macht, wie wir. Und anscheinend sind wir so narzisstisch, dass wir glauben, nur wir könnten Dinge richtig machen. Hört mal einer Gruppe Frauen zu, die sich darüber unterhalten, wie ihre Männer die Kinder anziehen. Ziemlich traurig. Aber da ist noch mehr.

NEIN sagen können hängt mit der Fähigkeit zusammen, loszulassen. NEIN sagen bedeutet auch, keine Angst davor zu haben, vielleicht nicht mehr gemocht zu werden, wenn man nicht immer alles für alle tut.

Alles kommt wieder auf den eigenen Selbstwert zurück. Und diese Erkenntnis hat etwas sehr Befreiendes, denn wir alle können lernen, auch mal NEIN zu sagen. Wir können unser Selbstwertgefühl selbstständig aufwerten und trainieren, uns gut zu finden.

So kannst du lernen, NEIN zu sagen in fünf Schritten

1. Trainiere, dir Zeit zu lassen

“Ja natürlich helfe ich dir Samstag morgen um 8:00 aus dem 5. Stock umzuziehen. Kein Problem!”

UND STOP!

Gewöhne dir an, über solche Anfragen nachzudenken, bevor du zu- oder absagst. “Ich muss erst in meinen Kalender gucken / meinen Partner nach gemeinsamen Terminen fragen / einen Babysitter organisieren” – das sind alles gute Antworten. So kannst du deinem ersten Impuls zuvorkommen, sofort aus angelerntem vorauseilendem Gehorsam heraus direkt zuzusagen. Frage dich dann in Ruhe, was genau du tun sollst, ob du da Lust drauf hast, ob die Person, die dich gefragt hat, ähnliche Gefallen für dich getan hat oder tun würde. Dann kannst du dich immer noch entscheiden.

2. Überlege, was es tatsächlich bedeutet, JA zu sagen

Vielleicht wolltest du an diesem Samstagnachmittag eigentlich ins Kino. Aber wenn du den ganzen Tag beim Umziehen hilfst, hast du da vielleicht keine Energie mehr für. Vielleicht hast du sowieso schon eine volle Woche, die durch deinen “freiwilligen” Einsatz beim Kuchenbuffet nur noch stressiger wird. Willst du das wirklich? Es gibt auch andere Menschen, die sich vielleicht freiwillig melden würden, wenn deine Hand nicht immer in die Höhe schnellen würde wie ein Erdmännchen aus dem Loch. Frage dich, ob du dich nicht vielleicht im Nachhinein ärgerst, wenn du doch wieder nachgibst.

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3. Dein NEIN muss nicht wütend oder böse sein

Wichtig ist vor allem, klar und deutlich zu sein, aber dabei nicht brutal. Wenn du etwas nicht tun willst, dann solltest du das so sagen, dass dein Gegenüber das nicht missverstehen kann. Dabei kannst du aber natürlich weiterhin nett sein. Oft hilft es, dein NEIN zu begründen – aber ohne dich zu rechtfertigen. “Nein, da kann ich nicht, ich habe den Kindern versprochen, mit ihnen ins Kino zu gehen.” Du kannst natürlich auch Verständnis dafür zeigen, dass dein Gegenüber dein NEIN doof findet. Hauptsache, du knickst nicht wieder ein. Bleib stark. Für dich. Du bist liebenswert, auch wenn du dir nicht konstant den Poppes für andere aufreißt!

4. Ohne ein NEIN ist ein JA nichts wert!

Etwas, das ich auch lernen musste über die Jahre, ist, dass ein JA nichts wert ist, wenn es nicht ehrlich gemeint ist. Wenn es nur kommt, weil du sonst Angst hast, man würde dich nicht mehr mögen oder wertschätzen. Du bist wichtig und wertvoll, ganz abgesehen von deiner Bereitschaft, anderen zu helfen. Das darfst du dir ruhig regelmäßig bewusst machen. Im schlimmsten Fall platzt dir sonst irgendwann der Kragen und alle wundern sich, warum du auf einmal so sauer bist. Weil sie nicht wussten, wie sehr dich die JA-Sagerei nervt. Also, sei ehrlich zu dir und deinen Mitmenschen, meine es, wenn du deine Hilfe bei etwas versprichst, und meine es ebenso, wenn du sie verweigerst. Letztendlich ist niemandem geholfen, wenn du ausbrennst. Vor allem nicht dir und deinen Lieben.

5. Und zum Schluss: Fake it, till you make it

Ein persönlicher Tipp und eine kleine Geschichte zum Thema Selbstwert zum Abschluss. Ich habe neulich ein Foto von mir mit 20 gefunden. Ich habe mich betrachtet und dachte mir, wie hübsch ich damals war (im Gegensatz zu heute). Und dann dachte ich daran, wie hässlich ich mich damals fand. Mein nächster Gedanke war: “Ich möchte nicht mit 60 ein Foto von mir mit fast 40 finden, mich darauf schön finden und mich dann daran erinnern wie hässlich ich mich fand!” Also habe ich beschlossen, mich jetzt schön zu finden. Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel gucke und eine Stimme in meinem Kopf schreit “Die Nase! Der dicke Bauch! Deine Zähne! Alles hässlich!”, dann sage ich mir “Meine Haare, meine Lippen, meine Augen, meine Beine. Alles schön.” Und darauf konzentriere ich mich.

Und wie mit dem Aussehen klappt das auch mit dem NEIN-sagen. Du musst dir am Anfang vielleicht immer wieder einreden, dass es okay ist, dass du weiterhin liebenswert bist.